Interreligiöser Dialog: Frauen treten für Frieden und ihre Rechte ein

Weibliche Geistliche wie Munira Faraj (Mitte) übernehmen immer mehr Verantwortung im interreligiösen Dialog und setzen ihre Ideen gemeinschaftlich um.

Die Stiftung Coast Interfaith Council of Clerics (CICC) fördert seit rund 28 Jahren den Dialog zwischen den Glaubensgemeinschaften in Kenia. Wichtig ist die Weiterbildung religiöser Autoritäten von der auch Frauen profitieren.

 

Vor allem, wenn es um sexualisierte Gewalt geht, ist Munira Faraj nichts zu anstrengend. Das Thema offen ansprechen, Aufklärung leisten, Betroffene schützen und nachhaltig unterstützen – dafür arbeitet die Geistliche in Mombasa an der Küste Kenias jeden Tag. Und dafür, dass mehr religiöse Führerinnen wie sie aktiv werden können, denn ihr Engagement wird dringend gebraucht. Religion bildet ein starkes Fundament für soziales Wirken in Kenia – im Positiven durch Identifikation, Zugehörigkeit und Vertrauen, aber auch als Narrativ für Themen wie Extremismus oder Frauenfeindlichkeit, die Faraj und ihre Mitstreiter*innen kontinuierlich bearbeiten.

CICC – Multiplikator für Multiplikator*innen

Wie kann es gelingen, Prävention zu fördern? Wie lassen sich Menschen anderer Religionszugehörigkeiten sensibel integrieren? Was brauche ich, um andere auf diesem Weg anzuleiten? Antwort auf diese Fragen erhält Munira Faraj bei der Stiftung Coast Interfaith Council of Clerics (CICC), bei der sie schon lange Mitglied und Vorsitzende des Frauenreferats im Bezirk Mombasa ist.

Als gemeinnützige, glaubensbasierte Organisation fördert die Stiftung den inner- und interreligiösen Dialog in Kenia. Das Angebot von Schulungen für religiöse Autoritäten stellt dabei einen wichtigen Teil des Engagements dar. Auch Munira Faraj hat an unterschiedlichen Workshops teilgenommen und sich mit gemeindebasierter und interreligiöser Friedensförderung und Konfliktlösung befasst. Darüber hinaus hat sie gelernt, wie man Führungsaufgaben übernimmt und Kapazitäten aufbaut. Diese Fähigkeiten kann sie nun einsetzen, um andere zu mobilisieren und die Probleme in ihrer Gemeinschaft wirksam anzugehen.

Dr. Stephen Njuguna setzt sich als Berater und ZFD-Fachkraft von AGIAMONDO unter anderem für die Qualität und Durchführung der Weiterbildungen ein.
Die positive Arbeit des CICC erhält auch international Aufmerksamkeit: So traf sich König Charles III mit religiösen Autoritäten in Kenia aus Interesse an ihrem Engagement.
Frauen treten in der Öffentlichkeit für Gendergerechtigkeit und Toleranz ein. Auch das ist eine Folge der Workshops des CICC, die sie unterstützen. Die Übernahme von Führungsrollen in aktiver Gemeindearbeit und im interreligiösen Dialog gehört ebenfalls dazu.

Weibliche Themen werden sichtbarer

Tatsächlich steigt die Anzahl der weiblichen religiösen Autoritäten, die an den Programmen des CICC teilnehmen, stetig an. Die Teilnehmerinnen holen wiederum andere Frauen und auch vermehrt junge Leute mit ins Boot, die dann wiederum ihre Themen in den Gemeinden einbringen und bearbeiten. "Diese Entwicklung zeigt, dass wir zunehmend vom Dialog ins Handeln kommen", sagt Dr. Stephen Njuguna, der als CICC-Berater und Friedensfachkraft von AGIAMONDO die Weiterbildungen mit konzipiert, organisiert und durchführt.

Dafür, dass sich religiöse Führungspersönlichkeiten offen zeigen gegenüber neuem Wissen zu Toleranz, Inklusion, Gleichberechtigung und interreligiösem Austausch, daran haben er und seine Kolleg*innen lange gearbeitet. Mehr Fokus auf Gemeinschaftsinitiativen und generationsübergreifende Zusammenarbeit, aber auch die Förderung männlicher Führungspersonen als Advokaten weiblicher Geistlicher und junger Führer*innen wurden durch den CICC in den vergangenen Jahren vorangebracht. „Gerade die erweiterte Rolle religiöser Führungspersönlichkeiten als gleichzeitig Lernende und Lehrende hat die Verbreitung von Wissen in ihren Gotteshäusern und das Handeln in den Basisgemeinden verbessert“, sagt Njuguna. Dieses Engagement möchte der CICC in den kommenden Jahren weiter ausbauen, wobei neben den sozialen Impulsen auch der Bezug zur Forschung weiterhin einen hohen Stellenwert haben soll. 

Wissenswert

Der Coast Interfaith Council of Clerics (CICC) in Kenia ist eine gemeinnützige, glaubensbasierte Organisation, die in den späten 1990er Jahren gegründet und 2008 als Stiftung eingetragen wurde. Ihr Wirken ist darauf ausgerichtet, das Verständnis und die Verbindung innerhalb der verschiedenen Glaubensgemeinschaften des Landes zu fördern – für ein gutes Zusammenleben in Frieden und ökologischer Nachhaltigkeit.

Um dies zu erreichen, arbeitet der CICC in den Bezirken der Küstenregion rund um Mombasa sowie in Garissa und Nairobi eng mit Geistlichen und religiösen Autoritäten zusammen, die aufgrund ihrer Rolle als Vertrauenspersonen in ihren Gemeinden als wichtige Multiplikatoren fungieren. Angesprochen werden alle Alters- und Glaubensgruppen, darunter immer mehr Frauen und junge Führungspersönlichkeiten aus dem Islam, Christentum, Hinduismus und traditionellen afrikanischen Religionen. Sie nehmen Weiterbildungsangebote wahr und setzen sich für interreligiöse Teilhabe, aber auch für bürgernahe Regierungsführung, Ernährungssicherheit oder Gewaltprävention ein.

Nachhaltige Veränderung an der Basis

Für Frauen wie Munira Faraj ist diese Unterstützung sehr wertvoll – denn sie stärkt ihren Einsatz an der Basis durch fachliche Expertise und Methodentraining und unterstützt sie gleichzeitig, selbst gesund und aktiv zu bleiben. Auf diese Weise konnte Munira Faraj bisher viel bewirken, so etwa die Etablierung eines Verweisungsmechanismus für gewaltbetroffene Frauen im Bezirk Mombasa, durch den bislang schon mehr als 500 Überlebende unterstützt wurden. Darüber hinaus gibt sie ihr Wissen an Frauen und Jugendliche weiter, führt Aufklärungs- und Sensibilisierungsforen durch und bietet psychosoziale Unterstützung für Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt an.

"Indem wir Wissen und Austausch fördern, entsteht ein Dominoeffekt, bei dem die unterschiedlichsten friedensfördernden Initiativen entwickelt werden", so Njuguna. "Das ist nachhaltiger Wandel durch Menschen, die bereit sind, voneinander zu lernen. Und da ist es unerheblich, wie alt sie sind, welchem Geschlecht sie angehören oder welcher Religion."

04.04.2025

Text: Eva Maria Helm, Dr. Stephen Njuguna/ZFD-Fachkraft